Riječ 50, S. 74-75
Ostern 2016 - Diabetes-Schulungsurlaub in Istrien
Selbshilfegruppe Kultur als Lebenshilfe
Urlaub und Schulung, passt das zusammen? Sind Diabetiker zu ihrer eigenen Krankheit über-haupt schulungswillig? Und geht das in einer Umgebung, die alles andere als eine dis-ziplinierte, zuckerreduzierte Diätkost bietet, deren Speise-zubereitung von der in Deutschland abweicht und einen Tageslauf aufweist, der völlig anders ist als der zu Hause?
Ja, das geht! Das erfuhr die kleine Gruppe von acht Diabetiker*innen,
die sich über die Osterwoche nach Porec aufmachte um dort an der kroatischen
Mittelmeerküste einen solchen Schulungsurlaub zu verbringen. Die erfahrene
Diabetesberaterin Jana Ernst organisierte und leitete diesen Kursus. Sie
erklärte in kleinen Schulungseinheiten im angenehmen Ambiente die wichtigsten
Größen, die den Zuckerhaushalt des Menschen bestimmen und wie sich diese
beeinflussen lassen, gab individuelle Ratschläge, wie die Insulineinstellung
einem Tagesbewegungsablauf und einem Hotelessen, frei aus dem reichhaltigen
Buffet zusammengestellt, anzupassen ist.
Wir Diabetiker*innen erhielten einen Sensor, der den aktuellen
Blutzuckerwert und dessen Verlauf kontinuierlich erfasst und das auf einem
kleinen Monitor anzeigt. Eine Voraussetzung, insulin-pflichtige
Diabetiker*innen einzustellen, da reich-en vier bis fünf Einzelmessungen am Tag
nicht aus!
Der Diabetes-Schulungsurlaub erweist sich als ideales Testfeld, die
Diabeteseinstellung zu optimieren. Da gibt es keine festen Normwerte, welche
Insulinart in welcher Menge wann zu spritzen ist. Das ist individuell für jeden
Menschen anzupassen, hängt von dessen Essensge-wohnheiten und Tagesablauf ab
und natürlich, ob und in welchem Maß die Bauchspeicheldrüse noch Insulin
bereitstellt. Das zu verstehen und umzusetzen, selbst auf veränderte
Bedingungen zu reagieren, dafür ist ein Diabetes-Schulungsurlaub ideal.
Die kleine Gruppe fand sich über die Ostertage
schnell zusammen und nutzte die Zeit als „Urlaub“: Wir unternahmen kleine oder größere Spazier-gänge
an der grün-blauen Küste des Mittelmeeres, genossen die Restaurants mit ihren
köstlich-en Speisen in der Umgebung. Wir tranken Kaffee auf dem Platz des
keinen romantischen Städtchens Rovinj, stiegen hinauf auf den Hügel mit der
Kirche der Heiligen Euphemia und ihrer Campanile, die die Euphemia-Statue
krönt, deren rechte Hand immer in die Windrichtung zeigt weithin sichtbar über
der Stadt. Und wir genossen den wunderbaren Blick von hier oben über das
Adriatische Meer mit den vorgelagerten Inseln. Wir setzten über auf die
Brijuni-Inseln mit ihrem Nationalpark. Einst residierte Tito hier und empfing
bedeutende Staatsgäste. Wir bestaunten den langsam vorbeifahrenden, offenen
Cadillac, mit dem Tito auf der Insel rumkutschierte und schlenderten durch den
wunderbaren Park und durch Ausstellungen. Kurz, ein Urlaub zum Genießen an
einer herrlichen Küstenecke der Adria.
Jana Ernst begleitete uns überall hin, so dass wir diesen Urlaub auch als Diabetiker genießen konnten. Nicht nur, dass wir vieles über unsere Krankheit erfuhren, sondern auch, dass Jana tagesüber immer beratend und erläuternd uns zur Seite stand. Wir löcherten sie mit unseren Blutzuckerwerten und Fragen und lernten so, veränderten Ess- und Tagesabläufen nicht mit Verzicht zu begegnen, sondern angemessen darauf unsere Insulindosis anzupassen. So verstanden wir, die Krankheit zu beherrschen statt die Krankheit uns. Wir bekamen unseren Diabetes dank Jana in den Griff, obwohl wir gemeinsam in der Sonne Eis schleckten, ein Blätterteigdöner verspreisten, dessen Broteinheiten-Quantum bombastisch war, die Blutzuckerabsenkung der 12 km Wanderung nach Porec mit einem angebotenen Honigschnaps ausglichen oder wir das reichhaltige Angebot des Hotel-Buffets uns schmecken ließen.
Jana und Kroatien sei Dank für die lehrreichen, wunderbaren Ostertage.
Hans Körner